
Cuxhavener Nachrichten Montag, 30.04.2018
Kooperation im Kreistag aufzukündigen, schärft die SPD im Cuxland ihr Profil gegenüber der CDU. Von Ulrich Rohde
Der SPD-Unterbezirk Cuxhaven, der per mehrheitlichem Satzungsbeschluss von nun an „SPD Cuxland“ genannt werden möchte, hat auf seinem Parteitag im MarC 5 in Cadenberge seinem bisherigen Vorsitzenden Uwe Santjer mit einem Votum von 98,8 Prozent der Stimmen einen überwältigenden Vertrauensbeweis und ein Zeichen der Geschlossenheit gegeben. „Es ist mir eine Ehre Vorsitzender bleiben zu dürfen, ich hätte auch mit 66 Prozent weitergemacht“, kommentierte Santjer seine Wiederwahl mit einem Hinweis auf das Wahl-Ergebnis von Parteichefin Andrea Nahles.
Zuvor hatte der Landtagsabgeordnete die Delegierten auf kommende Herausforderungen eingeschworen, auf die Europawahl und die Wahlen für das Landratsamt im Landkreis.
Der amtierende Landrat Kai-Uwe Bielefeld (kl. Foto) war Gast des Parteitages. Er betonte, nicht aus aktuellem Anlass – der Bekanntgabe des CDU-Kreistagsfraktionschefs Frank Berghorn, gegen Bielefeld im nächsten Jahr anzutreten – nach Cadenberge gekommen zu sein. „Ich wäre auch sonst gekommen, wie es guter Brauch ist.“ Bielefeld plant, für eine weitere, auf fünf Jahre verkürzte Amtszeit anzutreten. Einen Eintritt in die SPD schloss der Parteilose allerdings aus. „Ich trete nicht ein, auch bei anderen nicht.“ Das muss Bielefeld auch gar nicht, denn auf die Unterstützung der Sozialdemokraten kann er in jedem Fall zählen.
Er mache gemeinsam mit seinen Dezernenten einen hervorragenden Job, sagte Uwe Santjer. „Wir wollen einen Landrat, der weiß, dass das kein Teilzeit-Job ist. Wir unterstützen den, der seine Aufgabe ernst nimmt und selbst Verantwortung übernimmt und sie nicht wegdelegiert. Damit ist deutlich, wer es nicht werden kann“, spielte er auf Aussagen von Berghorn an. Bielefeld stehe für Zusammenhalt, er bediene nicht nur ein Klientel.
Der Vorschlag des SPD-Vorstands liegt schon länger auf dem Tisch, auf einem weiteren Parteitag können die Genossen Bielefelds Bewerbung mit ihrem Votum untermauern. Santjer zeichnete das Bild einer Partei im Cuxland, die längst auf dem Weg der Erneuerung sei und damit der Bundes-SPD etwas voraus habe. Die SPD zähle im Cuxland 1436 Mitglieder, habe zwei von drei Landtagswahlkreisen gewonnen und sei personell in jedem Bereich gut aufgestellt. „Wir stehen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und dürfen Spaltung nicht zulassen“, sagte Santjer. „Wir wollen die Cuxland-Partei sein und mit unseren Werten und Zielen in den Parlamenten erkennbar sein.“
Geschärftes Profil zeigen, das wollte auch Claus Johannßen, Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag. Die Zusammenarbeit mit der CDU sei in der Kooperation im Kreistag nicht einfach, sagte Johannßen, „weil sie nicht geschlossen auftritt“. Das habe sich nicht erst bei der Besetzung der Dezernentenstelle durch Babette Bammann, eines CDU-Mitglieds, gezeigt, die nur von einem Teil der Christdemokraten mitgetragen worden sei. „Wir waren einstimmig für die Besetzung, denn bei uns geht es nach Qualifikation, nicht nach Parteibuch.“ Auch deshalb unterstütze die Kreistagsfraktion Landrat Kai-Uwe Bielefeld. Die „Unzuverlässigkeit der CDU-Fraktion“ könnte sogar zu einem Bruch der Kooperation führen, meinte Johannßen. Der Streit dreht sich um die inklusive Beschulung an Regelschulen und die eigentlich geklärte Frage der Fortführung der beiden letzten noch bestehenden Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen im Landkreis Cuxhaven. Entgegen der dazu getroffenen Abmachung im Kooperationsvertrag und der Verabredung, sich in Sachfragen nicht gegenseitig zu überstimmen, wolle die CDU die Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen in Cuxhaven und Hemmoor über den vereinbarten Zeitraum hinaus bestehen lassen.
Habe sich CDU-Fraktionschef Berghorn zunächst der Stimme enthalten, hätte auch er nun für den Erhalt der Schulen plädiert. „Wenn die CDU dem Antrag zustimmt, dass die Förderschulen weiterlaufen, dann ist definitiv Schluss mit der Kooperation“, drohte Johannßen. „Man wird sehen, ob sich die CDU dann von der AfD unterstützen lässt“, die das Fortbestehen der Förderschulen ebenfalls fordert.
Das Verhalten der AfD-Abgeordneten im Kreistag nannte Claus Johannßen „unerträglich“. Die Partei mobilisiere offensichtlich bewusst Neofaschisten, Reichsbürger und andere ultrarechte Gruppierungen, glaubt der Politiker. Johannßen unter Beifall: „Ich bin stolz in einer Alt-Partei zu sein und nicht in einer Partei mit alten Socken.“